Erste Darmstädter Dunkel-Dunkel Lichtsignalanlage - Wieder freie Fahrt für Radfahrer entlang dem Martin-Luther-King-Ring über die Arheilger Straße

Darmstadt

Thomas Grän

Beim ADFC wurde nicht schlecht gestaunt, als Ende September 2013 an der Kreuzung Arheilger Straße / Martin-Luther-King-Ring eine neue Ampel für Radfahrer und Fußgänger installiert wurde. An dieser Ampel mussten Radfahrer und Fußgänger ihr grünes Lichtsignal anfordern, damit sie die Straße überqueren können. Der ADFC bat die Stadt Darmstadt umgehend diese dauerrote Lichtsignalanlage zeitnah so umzugestalten, dass der Fluss des Radverkehrs nicht behindert wird. Nach acht Monaten Warten ist die Lichtsignalanlage nun Anfang Juni so verändert worden, dass die Radfahrer ihren alten Vorfahrtsrechte zurück erhalten haben. Die Verkehrsteilnehmer werden einige Zeit brauchen um sich an die erste "Dunkel-Dunkel" geschaltete Lichtsignalanlage in Darmstadt zu gewöhnen.

Die „Dunkel-Dunkel“ Lichtsignalanlage am Martin-Luther-King-Ring
Die „Dunkel-Dunkel“ Lichtsignalanlage am Martin-Luther-King-Ring
Foto: Thomas Graen
Copyright © ADFC Darmstadt 2014

Im Oktober 2013 war die Verärgerung beim ADFC groß über die neue Ampelanlage über den Rechtsabbieger der Arheilger Straße in den Martin-Luther-King-Ring. Am "Runden Tisch Radverkehr" war zwar die Erneuerung der gesamten Lichtsignalanlage an der Kreuzung erwähnt worden, aber zu der neuen, für Radfahrer dauerroten "Bettelampel" gab es kein einziges Wort.

"Bettelampel" bedeutet in Radfahrerkreisen: Ein Radfahrer oder Fußgänger muss immer durch Tastendruck an der Ampel um eine "Grün" Phase "betteln", weil Sie von alleine kein "Grün" hergibt.

Für Radfahrer war es nie problematisch diese Furt im Eigenverantwortung zu queren. Es lag die Vermutung nahe, dass der Verlust der Vorfahrtsrechte durch die neue Dauerrotreglung von den Radfahrern nicht akzeptiert wird. Eine vom ADFC durchgeführte Verkehrsbeobachtung im Oktober 2013 an der neuen Ampel bestätigte die Annahme des ADFC auf erschreckende Weise. In der morgendlichen Hautverkehrszeit wurden massenhaft Rotlichtverstöße beobachtet. Mehr als 80% der Radfahrer forderten kein "Grün" an, sondern fuhren bei "Rot" durch. Für die Radfahrer ist nicht einsichtig, warum ihnen hier die Vorfahrt verwehrt wird, obwohl sie auf der Vorfahrtstraße fahren. Dazu kommt noch, dass auf dem Rechtsabbieger kaum Fahrzeuge unterwegs sind und die Arheilger Straße an dieser Stelle mehr als hundert Meter weit einsehbar ist. Wozu also das "Rot" beachten? Der ADFC vermutet mehr als 50.000 Rotlichtverstöße durch Radfahrer und Fußgänger seit Inbetriebnahme der neuen Anlage.

"Radfahrer brauchen Regeln im Straßenverkehr, die keine Regelverstöße provozieren, sondern einsichtig sind. Hier musste eine Lösung gefunden werden, welche die Interessen der Radfahrer deutlich berücksichtigt. Verkehrsanlagen müssen so gestaltet sein, dass Radfahrer sich intuitiv regelkonform verhalten. Das ist ein Hauptanliegen des ADFC", gibt Annelie von Armin, Vorstandsmitglied beim ADFC Darmstadt, zu bedenken.

Die Ampelschaltung ist nun vor einigen Tagen zu Gunsten von Radfahrern und Fußgängern geändert worden. An der Lichtsignalanlage über die Furt des Rechtsabbiegers wird nun "Dunkel-Dunkel" signalisiert. Das heißt die Ampel ist im "schlafenden" Zustand für alle Verkehrsteilnehmer und Fahrtrichtungen. In diesem Fall gilt die ausgeschilderte Vorfahrtsbeziehung zu Gunsten der Radfahrer.

"Beim ADFC ist man sehr zufrieden mit dieser Regelung, da Radfahrer und Fußgänger ihre alten Rechte zurück erhalten haben", meint Annelie von Armin. "Positiv ist außerdem, dass diese Neuregelung von der Stadt selbst vorgeschlagen wurde, ohne dass der ADFC um eine akzeptable Lösung kämpfen musste. Dies stärkt das Vertrauen in die Zusammenarbeit zwischen ADFC und Stadtverwaltung."

Der ADFC geht davon aus, dass einige Monate dauern wird, bis sich alle Verkehrsteilnehmer an die neue Situation gewöhnt haben. Insbesondere den Rechtsabbiegern wird es schwer fallen sich von der gewohnten "ich habe hier Vorfahrt" Haltung zu verabschieden. Radfahrer sollten sich allerdings nicht auf ihre Vorfahrtsrechte verlassen. Der ADFC empfiehlt immer einen prüfenden Blick, ob die Kraftfahrer wirklich die Vorfahrt achten.

Hintergrundinformationen:

So wie die Ampelanlage im Oktober 2013 eingerichtet wurde konnte sie nicht bleiben, da die verkehrsrechtliche Situation nicht eindeutig geregelt war. Bei der Lichtsignalanlage handelte es sich um eine sogenannte "Schlafende Ampel" mit "Rot-Dunkel" Signalisierung. Das hieß in diesem Fall: Der Rechtsabbieger hat nur die Signalscheiben "Rot" und "Gelb". Die "Grün" Signalscheibe fehlt. Die Fußgänger und Radfahrer haben die üblichen "Rot" und "Grün" Signalscheiben. Ohne Anforderung signalisieren sie aber immer "Rot". Erst der Tastendruck eines Radfahrers oder Fußgängers weckt die für die Kraftfahrer scheinbar ausgeschaltete, "Schlafende Ampel" auf.

Da der Rechtsabbieger wegen der fehlenden Signalscheibe jedoch nie "Grün" hat, gilt für den Kraftfahrer in diesem Fall die Beschilderung. Diese ist seit vielen Jahren eindeutig: Die Rechtsabbieger müssen Vorfahrt gewähren, auch an der Radfahrerfurt. Ein Zusatzschild weist die Kraftfahrer außerdem noch darauf hin, dass mit Radverkehr von links und von rechts zu rechnen ist. Theoretisch muss der Rechtsabbieger also immer Vorfahrt gewähren. Der Radfahrer darf aber trotzdem nicht fahren, weil ihm "Rot" signalisiert wird. Das ist eine unzulässige, weil widersprüchlich Regelung. In solch einer Situation müssten sich Radfahrer und Kraftfahrer z. B. durch Handzeichen verständigen, wer zuerst fährt. In der Praxis haben die ortskundigen Autofahrer jedoch sehr schnell gelernt, dass Radfahrer und Fußgänger immer "Rot" haben, wenn die Ampel für sie Dunkel ist. Entsprechen rücksichtslos begannen die autofahrenden Rechtsabbieger nach und nach sich die Vorfahrt zu erzwingen, die ihnen aber gar nicht zusteht.

Die jetzt installierte "Dunkel-Dunkel" Signalisierung ist für Darmstadt eine echte Neuheit. Im schlafenden Zustand sind alle Signalscheiben für alle Fahrtrichtungen dunkel. Erst wenn ein Radfahrer oder Fußgänger den Taster am Signalmasten berührt, wird die Ampel "geweckt" und damit aktiv. Zunächst wird es "Rot" für Radfahrer und Fußgänger. Dann springt für die Rechtsabbieger die Ampel von "Gelb" auf "Rot". Fußgänger und Radfahrer bekommen nun "Grün" und können queren. Es folgt eine "Rot" Phase für Radfahrer und Fußgänger. Das "Rot" für die Rechtsabbieger wird jetzt aufgehoben. Die Anlage geht danach wieder in ihre "Schlafphase" und die Beschilderung regelt wieder die Vorfahrt.

Die "Richtlinien für Lichtsignalanlagen" (RiLSA) lassen solch eine Ampelschaltung zu. Beim ADFC Darmstadt ist aber im größeren Umkreis keine Lichtsignalanlage bekannt, die eine "Dunkel-Dunkel" Signalisierung verwendet. Beispiele gibt es in Karlsruhe. Hier existieren schon eine ganze Reihe solcher Anlagen mit fast durchgehend positiven Erfahrungen.

Ergebnisse der Verkehrsbeobachtung am 02. Oktober 2013:

Im Berufsverkehr wurden in der Stunde zwischen 7:00 und 8:00 nur 17 Kraftfahrzeuge auf dem Rechtsabbieger vom ADFC gezählt. Die Zahl der Radfahrer, die hier querten war mit 60 fast viermal so groß. Nur 9 dieser Radfahrer haben "Grün" angefordert und dann gequert. Unter den 60 Radfahrern waren etwa 20 Schüler, die das Dauerrot genau so wenig beachteten wie die Erwachsenen. Im Downloadbereich des ADFC Darmstadt befindet sich ein Zeitraffervideo, welches die Verkehrsbeobachtung dokumentiert.

Link zum Video

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