Das Fahrrad in Darmstadt im Aufwind

ADFC Verkehrsexperten sprachen mit Oberbürgermeister Partsch und der Verkehrsdezenentin Lindscheid

Darmstadt

Jörg Urban

ADFC Verkehrsexperten sprachen mit Oberbürgermeister Partsch und der Verkehrsdezenentin Lindscheid

Am 28. September trafen sich Annelie von Arnim, Armin Heyer und Jörg Urban vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Darmstadt mit Darmstadts Oberbürgermeister Jochen Partsch und der Verkehrsdezernentin Brigitte Lindscheid zu einem Gespräch. Das Thema war die dringend notwendige Verkehrswende in Darmstadt, weg vom Auto, hin zum Umweltverbund aus Bahn, Bus, Fahrrad und zu Fuß gehen.

Gleich am Anfang wurden zahlreiche Gemeinsamkeiten klar: So nutzen sowohl Lindscheid als auch Partsch das Fahrrad häufig als Alltagsverkehrsmittel, unter Anderem auch für Dienstwege. Partsch erzählte schmunzelnd von seinen Erfahrungen, dass er häufig schneller vor Ort sei, als Mitarbeiter der Ämter, die mit dem Auto fahren. Vor allem wunderten sich Gesprächspartner immer wieder, dass er seine Dienstwege im Anzug mit Fahrrad erledige und das auch noch mit größter Selbstverständlichkeit. Als Radfahrer käme er auch leichter mit den Bürgern in Kontakt, so Partsch.

So war es seitens des ADFC gar nicht nötig, den Oberbürgermeister und die Verkehrsdezernentin davon zu überzeugen, das Fahrrad als vollwertiges Verkehrsmittel anzuerkennen. Wichtig sei, so der ADFC, dass Radfahrer nicht von der Fahrbahn verdrängt werden dürften. Das Fahrrad fahren auf der Fahrbahn sei laut Straßenverkehrsordnung der Regelfall und Radwege dagegen die Ausnahme. Wichtig ist dem ADFC, dass nicht an erster Stelle Radwege gebaut werden, sondern Radverkehrsanlagen. Darunter versteht der ADFC eine sinnvolle Kombination von Radwegen, Radfahrstreifen, fahren auf der Fahrbahn, Wege durch Grünanlagen, Öffnung von Sackgassen, Fahrtmöglichkeiten gegen Einbahnstraßen usw. Die Trennung der Verkehrsarten ist nur an sehr stark oder schnell befahrenen Straßen sinnvoll, innerhalb der Stadt sind dabei von der Fahrbahn abmarkierte Streifen (z.B. Schutzstreifen für Radfahrer) besser, als separat gebaute Radwege. Radfahrer fahren auf solchen Streifen im Sichtfeld des Autoverkehrs. Dadurch ist die Verkehrssicherheit besser. Entscheidend sind durchgehend befahrbare Routen; Lücken im teilweise bestehenden System müssten geschlossen werden, so der ADFC.

Der ADFC ist der Überzeugung, dass die Verkehrsprobleme in Darmstadt nur mit Hilfe des Radverkehrs lösbar sind: So sind, laut Mobilitätsstudie Darmstadt, 66% aller Wege in Darmstadt, die mit Auto zurückgelegt werden, kürzer als 3km. Das sei ein riesiges Potential zum Umsteigen aufs Fahrrad, so der ADFC. Partsch stimmte dem zu.

Die ADFC Vertreter zeigten dann zahlreiche Beispiele von Mängeln an Darmstädter Radverkehrsanlagen auf, die teilweise seit Jahren bestehen und teilweise immer wieder neu falsch gebaut werden. Nach Erfahrung des ADFC mit den hiesigen Behörden sind zwar einige Dinge schnell und unbürokratisch lösbar, aber vielfach schlägt den Aktiven des Vereins auch Widerstand oder Gleichgültigkeit entgegen. Die Mitarbeiter der Ämter sind nach Ansicht des ADFC sehr unterschiedlich motiviert und kompetent hinsichtlich des Themas Radverkehr. Dem ADFC ist es wichtig, dass Partsch als Oberbürgermeister sowie Lindscheid als Verkehrsdezernentin das Thema Fahrradfreundlichkeit auch nach außen sowie in die Ämter hinein tragen, und zwar immer wieder. Nur so sei eine Bewusstseinsänderung seitens der Verkehrsteilnehmer und der Verantwortlichen in den Behörden möglich, so der ADFC.

Auch das Thema Finanzierung des Radverkehrs wurde angesprochen. Lindscheid wies darauf hin, dass trotz der Finanzmisere der Stadt Mittel für die Sanierung von Straßen deutlich erhöht worden sind, wobei die Verkehrsdezernentin Wert darauf legte, dass diese Mittel auch für Radverkehrsanlagen eingesetzt werden können. Dem Wunsch des ADFC nach einem "Radverkehrsbeauftragten" wurde aber aus Geldmangel eine Absage erteilt.

Der ADFC schlug dem Oberbürgermeister vor, als ein sichtbares Zeichen eine Hauptroute für den Radverkehr in Nord-Südrichtung von Arheilgen bis Eberstadt als "Chefsache" anzugehen. Ebenso sei ein sichtbares Signal die Aufhebung des Fahrverbotes für Radfahrer in der Wilhelminenstraße von der Ludwigskirche bergab. Letzteres sei aber ein "heißes Eisen", so die Verkehrsdezernentin.

Der ADFC setzt große Hoffnungen in den neuen Oberbürgermeister und seine Verkehrsdezernentin. Der ADFC bedankte sich für das Gespräch und sieht die Politik nun auf dem richtigen Weg.

Bilderanhang

OB Partsch verabschiedet die ADFC-Gruppe
OB Partsch verabschiedet die ADFC-Gruppe
Foto: Armin Heyer
Die ADFC-Gruppe im Gespräch mit OB Partsch und Frau Lindscheid
Die ADFC-Gruppe im Gespräch mit OB Partsch und Frau Lindscheid
Foto: Armin Heyer

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